Trendwandel

ist es nicht immer wieder interessant von der fußfreien reihe aus zu beobachten, wie, wenn ein stil, sound, styling oder bewegung zündet, sofort leben in den ameisenbau kommt und alle nach etwas ähnlichem, passendem suchen?
grob gerechnet war das schon in den frühzeiten des Blues so, als die nachfrage nach den klageliedern der afro-amerikanischen bevölkerung größer wurde, somit die hauptsächlich männlichen musiker nach den plantagen nun in den studios ausgebeutet wurden und ihr schaffen, bis heute, als treibstoff für das wirken von generationen benützt wird. auch der stellenwert des Jazz stieg nach dem 2. weltkrieg in europa stetig und so konnten die promoter nicht genug künstler/innen aus übersee einfliegen, welche darüber natürlich erfreut waren, denn in der heimat agierten sie rassenbedingt (oft) ohnehin bloß im untergrund. in den staaten wurde währenddessen fieberhaft nach jungen rock & roll rebellen gesucht, bei denen die mädels quietschten, die jungs die krägen aufstellten und deren eltern sich schockiert bekreuzigten.
oder der folgende Girl-Group-boom, wo drei oder vier junge damen in harmonie über das heile (liebes-) leben sangen und dabei so adrett rüberkamen, daß man sie einfach gerne haben mußte. immer neue formationen waren die folge. auch zur zeit des (n.y.-) Folk spähte die industrie nach vermarktbaren singer/songwriter/innen mit protestliedern auf den lippen, der akustischen klampfe über die schulter und, im idealfall, einer blume im haar. es folgten die pilzköpfe als rolemodel für (nicht nur) die Beatgeneration, es mußte zumindest britisch klingen.
als die verstärker größer wie die gitarren lauter wurden, schnupperten die scouts der labels nach jeder härteren Rockband, die gegen den wind roch und eventuell aus einem lied eine sinfonie machte. dann ging das pendel in die andere richtung und schminke, glitter, glammer, Glam-Rock war heiß & begehrt. bis die kurze blüte des Punk über alles hinwegrotzte und jede/r wollte plötzlich die/der nächste göre/rüpel sein, deren/dessen outfit nur durch sicherheitsnadeln zusammengehalten wurde und die ihre instrumente mehr schlecht als recht beherrschten. die seife überließ man dem establishment. auf den fuß folgte der Post-Punk. man übernahm die selbstinitiative der vorgänger-bewegung, baute sie in "do it yourself" aus, verbesserte spiel sowie sound und auch die kleidung wurde schlichter.
anschließend kam die zeit der schrägen endlos (kunst-) studenten/innen - sprich New Wave. prinzipiell genügte schon eine intellektuelle brille um dabeizusein. musikalische einflüsse jeglicher art waren willkommen, wenn sie dem rhythmus drive verliehen. austriebe davon waren die (oft) aufgedonnerten modefreaks des New Romantic bzw. der deutschsprachige ableger NDW.
als Rap am kochen war, wurden die schwarzen siedlungen nach leuten durchkämmt, die fließend reimen sowie mehr als einen plattenspieler bedienen konnnten und sich dazu, im besten fall, auf den boden wälzten. als die goldketten immer länger wurden, die hosen immer weiter, die reime plumper, wurde daraus Hip-Hop. heute hat jede/r die möglichkeit an bord zu sein, braucht im business nur jemanden kennen. gleichzeitig wurde damals die weiße musik immer metallischer, im extemen ging sie bei einem ohr rein und beim anderen spritzte blut raus. infolge wurden die probekeller nach formationen durchleuchtet, die heavier, with extra speed, even louder und more death waren. um eine noch größere schicht anzusprechen wurden beide zweige gekreuzt und man nannte das ganze Crossover.
auf Rave, da waren protagonisten/innen mit einer guten hausapotheke gefragt, kam Brit-Pop, dazu brauchte es den union jack plus `ne große klappe. nachfolgend, das hoch der elektronischen musik, worauf die plattenfirmen alle wohnzimmer nach nerds durchforsteten, die an ihren computerknöpfen herumdrehten. als dies der breiten masse zuviel wurde, waren rockigere töne wieder gefragt. am besten in einer zwei-personen-besetzung - vorzüglich mann & frau. somit war jeder, der eine freundin hatte (oder umgekehrt) quasi auch in einer band. konnten schon loslegen, die verträge lagen bereits in den schubladen. weiter ging es mit dem Soul-revival und ihrem aushängeschild Amy Winehouse. da war plötzlich jede interessant, die eine soulige samtstimme als auch eine gute leber hatte. sogar die alten helden/innen dieses genre wurden nochmals hinter dem ofen hervorgeholt.
danach kam Lady Gaga, die sich natürlich bei Madonna einiges abgeschaut hatte, als auch die grenzen noch etwas verschob und nun haben alle ladies, die schrill rüberkommen, eventuell auch ein paar songs schreiben oder klauen können und nicht mit ihren reizen geizen, gute karten. aber dies ist natürlich noch längst nicht das ende der fahnenstange, denn wenn genug aufgedrehte hühner herumhüpfen, sind die mägen bald gefüllt und die karawane zieht weiter - zeit für einen neuen trend.
turntable - 20. Feb, 15:15