Schreibtischtäter

so oder ähnlich trug es sich gelegentlich in der oberen liga zu;
da galt es einen neuen musik-output, einer formation oder eines/r solokünstlers/in, bei den meinungsmachern zu promoten. medienleute wurden einzeln oder in rudeln irgendwohin gekarrt, hörten besagtes material und bekamen es (damals) zeitgleich in die hand gedrückt, interviewten die schaffenden, wohnten eventuell einer intimen live-performance bei, bekamen alkohol kübelweise und sonstige stimulanzien - sofern genehm, grapschten mitunter noch ein paar groupies ab oder wer sonst noch vor ort war bzw. erhielten im idealfall gar eine privataudienz und wurden abschließend herzlich wie freundschaftlich entlassen.
jetzt hätte aber, im nachhinein, das musikalische ergebnis nüchtern betrachtet als auch bewertet werden sollen. konnte nun, nach all der wohl berechnenden gastfreundschaft, geurteilt werden, das album wäre ein reinfall, welchen sich die protagonisten, zwecks vorteilhafterer akustik, hinten reinstecken dürfen? wer geschenke annimmt steht irgendwie in der schuld beziehungsweise einer erwartungshaltung gegenüber und wer jene (geschenke) verteilt, fühlt sich möglicherweise verraten. somit gab es, nach eingangs erwähnten anlässen, aber auch aufgrund anderer situationen, manchmal böses blut, welches sich gegebenenfalls verbal, körperlich als auch mal in einzelnen liedern entlud.
so holten einst Guns `n´ Roses, die in ihrer bunkerhaltung ohnehin jede schlechte kritik als persönliche attacke sahen, am longplayer "use your illusion II" via "get in the ring" zum rundumschlag auf all you punks in the press aus und nannten ihre kontrahenten auch namentlich.
ebenso sah sich Morrissey stets von der (britischen) schreibenden zunft benachteiligt. diese neigt(e) dazu, ihm das hantieren mit dem union jack sowie der einforderung von mehr (quasi) britishness als nationalistische tendenz auszulegen. auch wurde er damals, im zuge der tantiemenforderungen ehemaliger The Smiths mitglieder, ins böse eck gestellt. es trug sich gleichfalls zu, daß im rahmen eines exklusivinterviews des NME, der autor seinen namen (vorab) zurückzog, weil der editor tendenziös eingriff. Morrissey widmete all seinen feinden aus dem blätterwald anfang der 90er die b-seite "journalists who lie".
noch relativ kurz im business und doch hatte die sängerin M I A schon differenzen mit dem gegnerischen lager. sie schrieb einer reporterin, die ihre politischen ansichten bezüglich ihrer (zweit-) heimat sri lanka als naiv sowie inkompetent abtat, den song "i´m a singer (haters)". zusätzlich twitterte sie noch die privat-rufnummer ihres haßobjekts.
auch düsterfürst Nick Cave kann auf kritik mitunter dünnhäutig reagieren. er fühlte sich durch eine schlechte beurteilung von NME schreiberlingen verletzt und "huldigte" ihnen im gegenzug mit der nicht ganz charmanten komposition "scum". ähnlich teilte einst auch Bob Dylan via "ballad of a thin man" aus. ebenso die Stereophonics mit "mr. writer", Public Enemy - "a letter to the new york post", The Fall - "bury pts. 1+3" und andere mehr.
es ist eben ein liebe & haß verhältnis, in einem bereich, wo es eigentlich keine freundschaft geben kann. wo einer die andere braucht, doch beide prinzipiell nicht (zu sehr) miteinander sollten, weil man sich eben nur treu bleiben oder verkaufen kann. beim versuchten drahtseiltanz dazwischen, landet man meist unvorteilhaft.
turntable - 10. Apr, 16:20
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