Live Classics Vol. 12

KISS - Alive!
bassist/sänger Gene Simmons und gitarrist/sänger Paul Stanley lernten sich im früh-siebziger soft-rock-fünfer Wicked Lester kennen als auch schätzen. mangels erfolg wie perspektiven trennten sich die beiden gegen ende `72 vom rest der truppe um ihren eigenen visionen zu folgen. infolge rekrutierten sie schlagzeuger Peter Criss sowie anschließend gitarrist Ace Frehley. es war damals die zeit von rocktheatralik als auch glam & glitter, darin erkannte auch der nunmehr KISS genannte vierer seinen weg. bereits ende jänner `73 spielte man den ersten gig in ihrer wohnstadt new york, zu dem nur eine handvoll freunde auftauchten.
in weiterer folge arbeiteten sie an der inszenierung eines comic rock theaters, untermalt von hardcore rock & roll (eigendefinition) und ausgeschmückt mit texten über sex, fun & alcohol. sie spielten landauf / landab und unterschrieben noch 1973 einen vertrag beim newcomer Casablanca Records. im februar `74 kam das selbstbetitelte debüt auf den markt, welches sich damals eher mäßig verkaufte. die lps "hotter than hell" als auch "dressed to kill" wurden aus der hüfte nachgeschossen. alle drei waren dürftig produziert und konnten mit den immer spektakulärer werdenden konzerten der formation nicht mithalten. in gleichem maße stieg auch der fanzulauf, welcher bald darauf im rahmen der KISS Army organisiert werden sollte. die band bot, neben eingängigen, stampfenden, riff-betonten melodien, eben entertainment pur und zwar in form von schminke, kostümen, choreographien, pyrotechnik, sattes posen, zertrümmerte instrumente, feuerzauber, confettiregen, blutspuckerei oder rauchende gitarren. dies verursachte kosten, welche von den einnahmen (noch) nicht gedeckt wurden. zusätzlich war die plattenfirma mangels erfolge bereits wieder in turbulenzen. als letzte chance auf den durchbruch sah man die direkte umsetzung der konzerterfolge auf tonträger.
fünf auftritte der "dressed to kill" tour 1975, die aus geldmangel zum teil mit der kreditkarte des 2010 verstorbenen entdeckers sowie managers Bill Aucoin finanziert wurde, sollten als quelle dafür verwendet werden. der bulk des materials stammte aber aus der Cobe Arena in detroit, vom 16. mai. geplant als doppelvinyl, wirkte das ganze damals wie ein selbstmord mit anlauf. im september 1975 erschien das werk, dem produzent Eddie Kramer vorab im studio noch einen ordentlichen schliff verpaßt hatte - somit wurde nicht nur auf der bühne gezaubert - und schlug vom start weg voll ein.
beginnend mit dem mittlerweile bewährten (an-) sager "you wanted the best and you got it, the hottest band in the land - KISS", dicht gefolgt vom opener "deuce" und plötzlich verwandeln sich die eigenen vier wände in eine concert arena, man weiß sofort wo die luftgitarre hängt, braucht gar nicht lange zu suchen und stolziert riff-schmetternd in aufgedoppelten plateau-stiefeln um den wohnzimmertisch. die hausgemachte rock & roll party geht ungebremst mit "strutter" weiter und man spuckt bereits die erste ladung himbeersaft gen zimmerpflanze. "got to choose", "hotter than hell" sowie "firehouse" bringen die zunge zum rotieren.
seitenwechsel, das tempo bleibt unverändert. "nothin´ to lose" hält einem auf trab, die gliedmaßen zucken, "c´mon and love me", "parasite" - wahnsinn! etwas beruhigung bringt das bluesig angehauchte "she". die schminke ist bereits verwischt, hätte wohl doch das original KISS make-up kaufen sollen. beim instrumental part nimmt man wieder fahrt auf. side three und der kurs wird beibehalten. "watchin´ you" gefolgt vom, auf fast zwölf minuten gestreckten, "100,000 years", bei dem vor allem Peter Criss auf seine kosten kommt. aber selbst läßt man sich auch nicht lumpen. anschließend "black diamond", die typischen KISS / Ace Frehley akkorde ziehen abermals das tempo an und man posiert was das zeug hält.
explosionen beenden den dritten abschnitt, die jungs treten ab und ich setzte mich erschöpft hin. doch die menge will mehr und anscheinend auch der typ von nebenan, denn er hämmert gegen die wand. okay alter, KISS this - "rock bottom" bringt die imaginären saiten zum glühen und die finger zum brennen, "cold gin" trägt definitiv nicht zur linderung bei und "rock and roll all nite" setzt dem ganzen noch eins drauf. spätestens jetzt weiß jede/r im gebäude, daß hier einer aus dem moshpit haust und nicht von der galerie. während die meute "let me go rock and roll" einpeitscht, verrotze ich den rest himbeersaft und zertrümmere mein unwirkliches instrument. den feuerspucker-trick lasse ich lieber bleiben, denn die haushalts-versicherung ist noch nicht eingezahlt. zusätzlich sei noch angemerkt; wer bei diesem mitschnitt nicht abgeht wie die sau, dürfte ein problem mit der durchblutung haben.
mit jenem output verwandelte sich das quartett von oft belächelten zeichentrick-figuren zu überlebensgroßen, zig-millionen-verkaufenden, stadionfüllenden superstars. "alive" hielt sich damals zwei jahre in den us-album charts, sorgte bis heute für drei nachfolger ("alive II", "alive III", "alive IV symphony") sowie einem boxset der ersten drei plus dem millennium gig. dazwischen waren sie mal unmasked und schlußendlich wieder wie gehabt, denn so wollten sie die fans sehen. Criss & Frehley, die auf der bühne zwar wie superhelden wirkten, privat aber ihren dämonen alkohol sowie drogen nicht die stirn bieten konnten, wurden im laufe der jahre ausgetauscht. 1996 gab es die große reunion, 2000 die farewell tour und dann ging es für Simmons & Stanley wieder von vorne los. musiker wie Anton Fig, Eric Carr, Vinnie Vincent, Mark St. John, Bruce Kulick und wer sonst noch aller seine griffel im spiel hatte, gaben sich auf den vakanten positionen die klinke in die hand. dazwischen lagen solo-platten, gruppentherapien, labelwechsel, reality shows, heiligsprechung & verdammnis. aktuell sind, neben den beiden konstanten, Tommy Thayer an der gitarre sowie Eric Singer an den drums zu sehen. der letzte longplayer war "sonic boom" (2009) und heuer kommt "monster", gefolgt von der obligaten tour.
diese stehauf-gruppe kennt dank merchandise-overkill einfach jedes kind und für wen Disneyland auch als erwachsener eine reise wert ist, The Simpsons näher sind als die eigene verwandtschaft, wer den zirkus liebt und ein faible für theatralik hat, wem das food nicht fast genug sein kann, neue trends, revolutionäre sounds sowie junge bands am arsch vorbeigehen, die/der steht wohl auch heute noch volles rohr auf KISS.
turntable - 19. Feb, 17:54
Trackback URL:
https://vinylbox.twoday-test.net/stories/64979732/modTrackback